50 Joor Birsblootere
50 Jahre — 1959 – 2009
Die Guggenmusig Birsblootere aus Birsfelden feiert im Jahr 2009 ihr 50-jähriges Jubiläum. Grund genug, um auf die letzten 50 Jahre zurückzublicken.
Begonnen hat alles in Birsfelden. Eines schönen Tages trafen sich einige Fasnächtler im Rest. Waldeck und hatten die Idee eine Guggenmusik zu gründen. Dies taten sie dann auch und nannten diese „Vielharmoniker Gugge-Musig Blätzbums“. Leider sind aus dieser Zeit so gut wie keine Unterlagen und Aufzeichnungen mehr verfügbar. Aus diesem Grund ist es dem heutigen Vorstand auch nicht möglich mit Sicherheit noch die Namen der Gründungsmitglieder zu nennen.
Es ist lediglich bekannt, dass im Jahr 1960 17 Guggenmusiker mit dem ersten Guggemajor Armin Lüthi den Cortège unter die Füsse nahmen. Im Rädabäng dieses Jahres stand schon der Name Birsblootere. Spekulationen um die Namensfindung gibt es mehrere. Am wahrscheinlichsten ist wohl, dass sich die Gründungsmitglieder damals dachten, ein „glatter Haufen“ werde auf Baseldeutsch auch gerne als „Blootere“ bezeichnet. Und weil diese „Blootere“ aus Birsfelden kam, lag der Gedanke nahe, dass ihnen bildlich gesprochen die Birs als Lebenselixier durch die Adern fliessen würde. Zusammengesetzt ergab dies, eigentlich ganz einfach, „Birsblootere“.
Anscheinend waren die Gründerväter aber nicht sonderlich gut zu Fuss unterwegs oder sie marschierten einfach nicht gerne. So kam es, dass in den Jahren 1962 bis 1964 der Cortège zu nicht mehr zu Fuss absolviert wurde, sondern die Herrschaften diesen auf dem Fasnachtswagen in Angriff nahmen. Eine Idee die dem damaligen Basler Fasnachts-Comité missfiel und schnell war die Drohung der Subventionskürzung ausgesprochen. So entschloss man sich ab dem Jahr 1965 den Cortège wieder unter die Füsse zu nehmen.
A propos Herrschaften. Die Birsblootere wurde anfangs als reine Männergesellschaft gegründet. Frauen durften nicht mitmachen. Wohl waren sie aber gerne willkommen, den Herren zu helfen, die Kostüme zu schneidern. Auch die Larven wurden zu dieser Zeit selbstverständlich noch selber hergestellt. Die Idee die Larven oder die Kostüme professionell herstellen zu lassen stand gar nicht erst zur Diskussion. Auch wenn die Kostüme und Larven zu dieser Zeit nicht die Professionalität hatten wie heute, schadete dies der Kreativität und dem Zusammenhalt sicher nicht.
Das Geld war knapp zur Gründungszeit und der Mitgliederbeitrag betrug Fr. 3.00 im Monat. Das Probelokal war laut Überlieferungen zu Beginn die Alte Turnhalle in Birsfelden.
Nach zehn Jahren, im Jahr 1969, waren es immer noch 17 Aktivmitglieder. In der Zwischenzeit aber hatte eine vorzeitige Emanzipation den Verein durchlaufen, wurden nun doch auch Frauen aufgenommen. Eine der ersten Frauen im Verein war Helen Rieder. In der Zeit von 1966 bis 1980 amtete sie für den Verein während sagenhaften 14 Jahren als Guggemajorin. Liebevoll wurde sie „Gugge-Oma“ genannt und ging als erstes „Gugge-Original“ in die Geschichte ein. Als sie dann aus gesundheitlichen Gründen ihr Amt abgeben musste, war sie noch einige Jahre als Kassierin tätig. Wie viele der ehemaligen Mitglieder verstarb Helen Rieder und diejenigen die sie noch kannten, werden ihre Schwärmereien von den wirklich alten Zeiten nicht vergessen.
Das Jahr 1969 brachte auch eine Wende bei der Larvenherstellung. Nach zehn Jahren hatten wohl alle genug vom Larven basteln und es wurde erstmals ein Larvenatelier mit der Herstellung beauftragt.
Über die kommenden zehn Jahre, bis 1979, sind leider wiederum nicht viele Informationen vorhanden. Es ist bekannt, dass es dem Verein gelang den Mitgliederbestand bis 1979 auf 26 Aktivmitglieder zu vergrössern. Eine Anzahl die es der Birsblootere ermöglichte ohne Platzprobleme in fast allen Basler Restaurants und Beizen zu spielen. Mitte der 70er Jahre, den Überlieferungen nach im Jahr 1975, wurde das Probelokal gewechselt. Statt in der Alten Turnhalle wurde nun in der Luftschutzanlage Rheinpark in Birsfelden geprobt. Laut Zeitdokumenten wurde dann zwischenzeitlich auch noch kurzfristig in der Luftschutzanlage beim Schulhaus Sternenfeld und im Schulhaus Kirchmatt geprobt. Dies hielt an bis ins Jahr 1986.
Zum 20. Jubiläum im Jahr 1979 wurde dann auch ein erster Tonträger aufgenommen. Der Zeit entsprechend handelte es sich um eine Schallplatte.
Die Freude über die Zunahme der Mitglieder war leider von kurzer Dauer, denn schon nach der Fasnacht 1979, im Herbst des Jahres, verliessen einige Aktivmitglieder die Birsblootere um selber eine Guggenmusik, die Gasse Jätter, zu gründen. Der Bestand schrumpfte bis ins Jahr 1981 auf 20 und bis 1982 auf 18 Aktivmitglieder.
Das Jahr 1981 war dennoch ein spezielles. Da die Birsblootere weder der Gugge FG noch IG angehört war es ihr stets verwehrt an den „grossen“ Guggenkonzerten der Fasnacht auf dem Markplatz oder auf dem Seibi zu spielen. Umso grösser war die Freude über die erstmalige Teilnahme am Guggenkonzert auf dem Claraplatz. Steht dort heute eine Bühne, wurde das Konzert damals noch auf dem Balkon des ehemaligen Restaurants Gryffe durchgeführt.
Nach einer kurzen Erholungsphase in Sachen Mitgliederzahl (1983 25 und 1984 30 Aktivmitglieder) kam nach der Fasnacht zum 25-jährigen Jubiläum 1984 ein grosser Einbruch. Die Zahl schrumpfte auf 17 Aktivmitglieder. Die damalige Präsidentin, Doris Gerhard, erklärte sich dies aufgrund der zunehmenden Bequemlichkeit der Gesellschaft. „Nur wenige seien bereit, unter dem Jahr regelmässig für die Fasnacht zu üben“. Die Zeichen der Zeit – früher war es also auch nicht anders.
Nach 1986 standen die öffentlichen Zivilschutzräume nach der Brandkatastrophe in Schweizerhalle nicht mehr zur Verfügung. Der Verein verlor sein Probelokal in der Luftschutzanlage Rheinpark in Birsfelden und musste ins „Exil“ nach Basel. Da nach der Schliessung der Zivilschutzunterkünfte in Birsfelden für die Birsblootere anscheinend kein geeignetes Probelokal zur Verfügung stand, wich man auf das Kleinbasler Vogelsangschulhaus aus. Für die Benützung musste jährlich ein Betrag von Fr. 250.00 bezahlt werden. Trotz ununterbrochener Bemühungen und Anfragen an den Gemeinderat Birsfelden wurde der Birsblootere von der Gemeinde keine Lokalität zur Verfügung gestellt. Der damals zuständige Gemeinderat René Broder verwies auf die Zuständigkeit der Verwaltung.
Das Jahr 1991 war wieder ein besonderes für die Birsblootere. Einerseits gab es einen grossen Zuwachs an Mitgliedern. Von der Landi-Gugge wechselten viele zur Birsblootere. Darunter auch ein zweites „Gugge-Original“, Susi Müller, mit heute 62 Jahren das älteste Aktivmitglied. Andererseits fand im Jahr 1991 die erste Blätzbums-Opéra (BBO) unter Mitwirkung und Mitorganisation der Birsblootere statt. Der Verein war Mitglied des Gründungskomitees der BBO.
Im Jahr 1993 tat sich wieder etwas in Sachen Probelokal in Birsfelden. Zur Hilfe kam der Birsblootere, wenn auch indirekt, die im Jahr 1992 gegründete zweite Birsfelder Guggenmusik „die Unschlyssige“. Da ein Mitglied dieser neu gegründeten Formation bei der Gemeinde angestellt war, hatten „die Unschlyssige“ schon bald ein Probelokal im Werkstattkeller des Birsfelder Scheuerrain Schulhauses. Die Birsblootere witterte ihre Chance und fragte nochmals die Gemeinde an. Diese konnte dann wohl nicht anders und schon bald wurde dem Verein die Aula Scheuerrain zur Verfügung gestellt. Dort ist die Birsblootere auch heute noch während der Vorbereitungszeit anzutreffen, jeweils am Mittwoch und Freitag Abend.
Seit vielen Jahren nimmt die Birsblootere in Birsfelden an diversen kulturellen Anlässen teil. Als erstes , im Jahr 1974, an der ersten Birsfelder Chilbi. Zu Beginn noch in einem Zelt ohne fliessendes Wasser. Inzwischen gastiert die Birsblootere an der Chilbi seit rund zehn Jahren in der Alten Turnhalle. Dazu kam dann im Jahr 1997 das Mattenfest auf der Fridolinsmatte, welches den jahrelang durchgeführten Lottomatch ersetzte und zu guter Letzt ab 2003 der jährliche Maskenball in der Alten Turnhalle. Diesen führte die Birsblootere zu Beginn fünf Jahre lang als „Joint-Venture“ mit der Basler Guggenmusik Fährischiffli durch. Seit 2008 organisiert der Verein diesen alleine unter dem neuen Namen „Blootere-Ball“.
Im Jahr 1997 war es dann wieder einmal an der Zeit die musikalischen Künste erneut zu verewigen. Der technische Fortschritt erlaubt es, dies digital zu tun. Drei Wochenende verbrachten die Aktivmitglieder abwechselnd in Aesch im Tonstudio. Die damals 34 Aktiven durften dann im Januar 1998 die feierliche CD-Taufe im Sudhaus der Brauerei Ziegelhof in Liestal miterleben. Der damalige Musikchef Peter Nesselhauf organisierte einen gewohnt perfekten Anlass. Als Taufpatin agierte die ehemalige Miss Schweiz Eveline Glanzmann (welche selbst einmal Aktivmitglied in der Birsblootere war) und der Champagner wurde vom damaligen Filialdirektor der Schweizerischen Volksbank (SVB) Birsfelden, Hansjörg Bielser, kredenzt. Im Namen der Gemeinde Birsfelden erwies auch der damalige Gemeindepräsident Peter Meschberger mit einer kleinen Festrede der Birsblootere die Ehre.
Da der Verein erkannt hatte, dass er auch etwas für die Chronik machen muss, wurde im Jahr 1997 beschlossen eine „Gugge-Zyytig“ herauszugeben. Die Initianten waren Peter Rieder und Thomas Zwyssig. Seither erscheint unser Vereinsorgan jährlich dreimal unter dem Namen „Birsblööterli“. Zu Beginn war das Organ noch eine lose Blattsammlung, welche selber ausgedruckt und zusammengeheftet wurde. Im Jahr 2003 übernahm Claudia Kohler die Redaktion (zu Beginn noch unterstützt von Monika Fricker). Seither wird das „Birsblööterli“ gedruckt und gebunden. Die Redaktorin stellt mit viel Fleiss und Geduld verlässlich sicher, dass auch jede Ausgabe pünktlich erscheint.
In den Jahren bis 1999 durfte sich die Birsblootere wieder über einen regen Zuwachs an Neumitgliedern freuen, vor allem im Jahr 1997 als rund zehn Neumitglieder von der Guggenmusik Märtfraueli zum Verein stiessen.
Im Jahr 1999 beging die Birsblootere das 40-jährige Jubiläum. Der Verein zählte einen Aktivmitgliederbestand von 40 Personen. Die Anzahl der Passivmitglieder betrug rund 100 Personen (zum Vergleich: Im Jahr 1989 waren es noch rund 35 Passivmitglieder). Das Jubiläums-Sujet lautete: „Syt 40 Johr d’Fasnacht verzauberet“. Stilgerecht war das Kostüm ein edler Zauberer. Die Birsblootere nahm in diesem Jahr auch am Morgestraich teil. Eine Idee die dem Comité zunächst sauer aufstiess. Als der Verein jedoch erklärte, dass er dies stilgerecht nur mit eigenen Tambouren, Pfeifern, Vortrab und einer Laterne (kunstvoll gemalt von Peter Rieder, damals Aktivmitglied) machen würde, wurde die Zustimmung der „Obrigkeit“ erteilt. So kam es, dass an der Basler Fasnacht 1999 37 Birsblööterli am Morgestraich mitliefen. Die damalige Guggemajorin Esther Pulver führte nicht nur gekonnt durch den Morgestraich, sondern auch bestens durch die Jubiläumsfasnacht.
Nach 1999 veränderte sich der Musikstil der Basler Guggenmusiken immer markanter. Der so genannte „Luzerner Stil“ hielt Einzug. Eine Entwicklung die die Birsblootere zu Beginn des neuen Jahrtausends ein wenig verschlief. Als Folge davon schrumpfte der Mitgliederbestand wieder zusammen. Viele Aktivmitglieder wechselten in Guggenmusiken, welche einen moderneren Stil pflegten.
Im Jahr 2002 erhielt die Birsblootere wieder einmal ein grösseren Zugang von Neumitgliedern. Von der Guggenmusik Luggefüller stiessen rund 10 Neumitglieder zum Verein. Viele davon sind der Birsblootere bis heute treu geblieben.
Ab 2005 und unter der neuen musikalischen Leitung von Andreas Christen und Rahel Minder hat auch die Birsblootere die Zeichen der Zeit erkannt. Es wird ein moderner Musikstil gepflegt und das „alte“ Repertoire Stück für Stück ersetzt. Viel Arbeit steckt dahinter. Die Musikkommission ist jeweils in der probenfreien Zeit nach der Fasnacht bis zu den Sommerferien damit beschäftigt, die neuen Lieder einzustudieren. Nach den Sommerferien beginnen jeweils die Proben und im Oktober findet jährlich ein Probe-Weekend statt. Der Erfolg gibt dem Verein recht. Die musikalische Qualität konnte seither erheblich gesteigert werden und damit auch die Motivation. Der Dank dafür äussert sich in einem stetigen Mitgliederzuwachs in den letzten Jahren. So stiessen unter anderem im Jahr 2008 auch wieder einige neue Aktivmitglieder zur Birsblootere. Das 50-jährige Jubiläum kann die Birsblootere so wieder mit einem Bestand von 40 Aktivmitgliedern in Angriff nehmen.
Ein weiterer Erfolgsfaktor ist der inzwischen seit Jahren eingespielte Vorstand. Seit 1996 wird der Verein vom Präsidenten Michel Jan geführt, bald ein Urgestein das seit 1990 dem Verein angehört, aus der Birsblootere nicht mehr wegzudenken ist und inzwischen auch dasjenige Aktivmitglied ist, welches zur Zeit am längsten aktiv dabei ist. Seine innovativen Ideen und seine Beharrlichkeit trugen viel zur Weiterentwicklung des Vereins
bei.
Die Birsblootere zeichnet sich durch eine „gesunde“ Altersdurchmischung aus. Zur Zeit ist das älteste Aktivmitglied 62 Jahre und das jüngste 21 Jahre alt. Im Vortrab laufen auch heute noch ehemalige Aktivmitglieder mit, so der inzwischen 66-jährige Peter Rieder. Vor allem auf den Zuwachs von jüngeren Mitgliedern legt der Verein grossen Wert, denn nur so kann der Fortbestand gewährleistet werden. Auch Familien- und vor allem Kinderfreundlichkeit wurde und wird stets gepflegt. Viele Mitglieder schätzen das Ambiente und das ihre Kinder schon fast ein Teil der Birsblootere sind. So gab und gibt es auch heute noch Familienmitglieder der zweiten bzw. teilweise schon der dritten Generation, welche der „Blootere-Familie“ treu geblieben sind.
Nun steht die Jubiläumsfasnacht 2009 vor der Türe und die Birsblootere wünscht allen eine schöne und aussergewöhnliche Fasnachtszeit. Zum Schluss gebührt noch ein Dank an Peter Rieder, dem „Guggen-Archivar“. Ohne die vielen von ihm zur Verfügung gestellten Information wäre diese Festschrift nicht in dieser Ausführlichkeit zustande gekommen.
Für alle ehemaligen, aktiven und zukünftigen Mitglieder
Guggemusig Birsblootere 1959
Der Guggenmajor
Dirk Leuenberger
30. Januar 2009